Donnerstag, 6. Dezember 2007
Eine muslimische Hochzeit
Eine muslimische Hochzeit

Nach dem ich nur 5 Stunden geschlafen habe sind wir in aller Herrgottsfrühe zum völlig überfüllten Hauptbahnhof Kalkuttas aufgebrochen, der sog. "Howrah Trainstation". Nachdem wir Drei Stunden völlig planlos in der Gegend herumgeirrt sind, sind wir auf einen ziemlich überfüllten Zug aufgesprungen um nach zweistündiger Fahrt in einem kleinen Dörfchen Namens Tarakeshwar auszusteigen. Von hier aus sind wir eine Stunde mit dem Bus gefahren, bis zu einer kleinen etwas wackeligen Brücke. Danach ging es auf meiner Expedition nur noch mit der Ricksha weiter.

"Ich bin in ein Gebiet vorgedrungen in dem vor mir nur Reisbauern und Kuhhirten ihr Unwesen getrieben haben und in dem seit mind. 1947 wahrscheinlich kein blasshäutiger mehr zu sehen war."


In etwa so könnte man das Gefühl ausdrücken, das ich gehabt habe, als die Landbevölkerung mich im vorbeifahren mit ungläubigen Blicken gemustert hat
- ich fühlte mich schon ziemlich fern ab.
Der Rickshafahrer hat uns über die Deichartigen Strassen zwischen den mit Wasser geschwemmten Reisfeldern, an einer Moschee vorbei, in das Domizil unseres Hostelfathers gefahren. Nun befand ich mich in einer Szenerie, die ebensogut in den Bergen Afghanistans hätte stattfinden können. Sämtliche Häuser bestanden lediglich aus Lehm und Bambusstangen, alle Gäste (ausser mir) sahen in etwa so aus, wie die Zwielichtigen Gestalten, die man aus Fernsehreportagen nach dem 11. September und Berichten über "Die Achse des Bösen" kennt- was war aber auch anderes zu erwarten auf einer muslimischen Hochzeit. Nur eine kleine Anmerkung nebenbei, die Moslems mit denen ich zusammenarbeite sind mir, entgegen der landläufigen Abneigung gegenüber Moslems, besser Zeitgenossen als Hindus. Moslems sagen was ihnen nicht gefällt und Moslems haben eine eigene Meinung, was sie für mich gegenüber vielen Hindus zu verträglicheren Zeitgenossen macht.



Die Braut, die ich aber nur kurz sehen konnte, weil sie sich ständig im haus versteckt hat- oder versteckt wurde.

In einer Prozession aus 100 Menschen, ganz nach indischen Verhältnissen in nur ca. 6 Autos !, sind wir zum Haus der Braut gefahren um uns dort nachhaltig mit "Chicken-Biryiani" die Mägen zu stopfen. Irgendwann im Laufe des Nachmitags gab es klammheimlich eine Vermählung, die ich nur durch Zufall noch mitbekommen habe. Die Frauen wurden auch hier unter verschluss gehalten. Der Muezzin ist also zuerst in das Haus der Braut gegangen, hat die traditionelle Zeremonie abgehalten, die Braut Drei mal gefragt ob sie ihren zukunftigen Ehemann heiraten möchte, und ist dann erst zum Bräutigam gegangen.



Der stolze Bräutigam, Asgar Ali.
Hostelfather und mittlererweile einer meiner besten Freunde. Außerdem mein Bruder (wir sind doch alle Brüder und Schwestern).

Der zweite Tag findet im Haus des Bräutigam statt.
Am Vorabend wurden zwei Kühe geschlachtet, die dann im Innenhof des Hauses ausgenommen wurden, um die anrückende Schar der Verwandten am folgenden Tag verköstigen zu können. An diesem tag ist nicht mehr so viel passiert, es wurde gegessen und geredet. Ich habe diese Chance genutzt um mir das Motorrad meines muslimischen Bruders (wir sind doch alle Brüder und Schwestern) auszuleihen und mit meinen zwei besten Freunden hinten drauf eine kleine Tour durch die Strassen und über die Reisfelder zu machen. Auf dieser Exkursion hatte ich meinen Ersten (und hoffentlich auch Letzten) Kontakt mit der bei den Indern so beliebten Betelnuss. Diese kaut man nach dem Essen, sie schmeckt etwas bitter, regt den Speichelfluss an, so dass man ständig ausspucken muss und wirkt in etwa so als würde man 12 Tassen Kaffe auf einmal trinken.

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