Freitag, 23. November 2007
In Kalkutta geht es mit den schrecklichen Streiks unglücklicherweise weiter.
Gestern gab es Angriffe der Bevölkerung gegen die Polizei.
Meine Informationen sind nicht besonders weitreichend, da ich im Hostel in Tikiapara bleiben musste.
Soweit ich das mitbekommen habe ist folgendes passiert:
Um 9 Uhr in der Früh haben in Kalkutta "Zivilisten", bewaffnet mit Pistolen, Messern und Bomben, erste Angriffe auf die Polizei verübt. Danach ist es im Zentrum Kalkuttas zu weiteren Übergriffen gegenüber der Polizei gekommen.
Einige Teile Kalkuttas sind fürs Erste nur noch mit erhoben Händen zu durchqueren.
Das Seltsame ist, davon liest man nur in der Zeitung, aber das Leben drum Rum geht anscheinend in seinen normalen Bahnen weiter. Ich würde nichts davon wissen, würde ich nicht Zeitung lesen.
Man geht von einem organisierten Streik aus.

Wie geht man mit dem Tod um?

Ich möchte gerne von meinem Besuch im sog. Sterbehaus von Mutter Theresa berichten.
Für mich ist das ein sehr schrecklicher Ort, nachdem ich all dieses Leid gesehen hatte ging es mir persönlich sehr schlecht.

Mutter Theresa hat ein Gebäude eingerichtet in dem tendenziell Sterbende die letztmögliche medizinische Versorgung und Pflege bekommen.
Im Gebäude befinden sich die gleichem bettelarmen Menschen, die man Minuten zuvor in den Straßen von Kalkutta um 1 oder 2 Rupies ( 2-3 cent) flehen gesehen hat.
Jedoch sind die Menschen die sich hier befinden in einem körperlich noch schlechternen Zustand, was man sich schwer vorstellen kann, wenn man Kalkuttas Bettler gesehen hat, die teilw. ohne Arme oder Beine, verstümmelt, ohne Finger herumlaufen, gesehen hat.
Die Armen Wesen im Sterbehaus sind darüberhinaus total abgemagert, viele haben schreckliche Wunden andere die abnormalsten Deformationen am Körper.
Ich möchte nicht weiter darauf eingehen, wer denkt mit soetwas umgehen zu können muss selbst nach Kalkutta kommen und dieses fragwürdige aber vielleicht auch wichtige Erlebniss selbst durchleben.

Nachdem man aus diesem Haus herausgekommen ist, in das man schon durch die plakative Bezeichnung "Sterbehaus" mit einer bestimmten, wenn auch unterbewußten, Erwartung hineingegangen ist, fühlt man sich leer, aber vor allem machtlos. In mir persönlich ist eine sehr starke Trauer entstanden.
Man tritt diesen Menschen schon mit dem Vorwissen gegenüber, dass sie sterben werden. Es ist fast so, als würde man auf den Friedhof gehen und die Leichen in ihren letzten Tagen ihres leidvollen Daseins vor sich erscheinen lassen.
Jedoch offenbart sich in dieser Einrichtung all die Schande und die Ungerechtigkeit, die die Inder ohne hinzuschauen hinnehmen. Das Klassenbewußtsein ist immer noch vorhanden und wenn Menschen auf der Strasse sterben, dann heißt es im besten Fall "Da habe ich nichtt mit zu tun, da hat sich Mutter Theresa drum zu kümmern".

Wer sich von meiner Beschreibung vor den Kopfgestoßen fühlt, dem möchte ich meine Entschuldigung aussprechen. Ich kann es voll und ganz nachvollziehen, wenn sich ein Mensch nicht mit diesem Thema beschäftigen möchte, für mich war und ist es sehr wichtig.

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